Zum Erbe von Handrij Zejler, dem wir – vom sorbischen Dachverband Domowina koordiniert und von vielen Institutionen und Vereinen getragen – zusammen mit dem Komponisten Korla Awgust Kocor gerade ein gemeinsames Jubiläumsjahr widmen, gehört auch das sorbische Pressewesen. Er war 1842 erster Redakteur der „Tydźenska nowina”, der wöchentlichen Nachrichten, aus denen 1854 die „Serbske Nowiny“, die sorbische Zeitung, hervorging, die seit 1921 als Tageszeitung erscheint.
Wie Wikipedia über Zejler und seinen Nachfolger Jan Arnošt Smoler und ihre Publikation mitteilt, ging es ihnen um ein „Sprachrohr der sorbischen nationalen Bewegung” und die „Verteidigung bürgerlich-demokratischer Rechte des sorbischen Volkes”. Oder vom 19. ins 21. Jahrhundert übersetzt: Das Entscheidende war stets die Bewahrung, Pflege und Weiterentwicklung der sorbischen Sprache. Nun ist Sprache als System der Welterörterung das wichtigste Kulturgut, in ihr ist gemeinsames Denken und Fühlen einprogrammiert. Ein unabhängiges sorbisches Pressewesen, das einzig der Zukunft des sorbischen Volkes dient, hat also von Haus aus eine Doppelfunktion: selbst Träger von ebenso schöner wie verständlicher Schriftsprache auf höchtsmöglichem Niveau zu sein und zugleich für sorbische Sprachräume das Wort zu ergreifen.
Die Zeitung ist tot, es lebe die Zeitung – ob gedruckt oder online, das ist nicht die Frage. Man schaue sich an, was im Internet bis heute Quelle der meisten wichtigen und gesicherten Informationen ist: die Recherche von Journalisten, häufig aus oder im Auftrag von Zeitungsredaktionen. Deshalb gibt es auch ein klares Kriterium für „Leitmedium“: ein Medium, das wiederum von anderen (Journalisten) besonders häufig bei eigener Recherche herangezogen wird. In der sorbischen Welt ist der Konkurrenz-Gedanke mangels Masse kontraproduktiv, wir sehen uns eher als Konzert. Das gilt auch für unsere Medien, die ja jeweils Unikate sind, es gibt eben eine sorbische Tageszeitung usw.
Insofern hat auch die sorbische Zeitung eine „Hauptfunktion in der gesellschaftlichen Konstitution von Kommunikation und von Öffentlichkeit“ in der sorbischen Community, ihrer Umwelt in der Lausitz und darüber hinaus, womit wir wieder an Wikipedia, hier die Definition von Leitmedium, anknüpfen. Das ist somit die einzige „Tendenz“, die verbindliche Geltung haben kann.
Es hat sich so gefügt, dass ich zum 1. Dezember als Chefredakteur in den Dienst der Serbske Nowiny treten werde. Ich freue mich auf die neuen Kolleginnen und Kollegen und werde die bisherigen bei der Domowina vermissen. Aber wir bleiben ja alle in derselben sorbischen Familie, in der wir uns Brüder und Schwestern nennen. Es wird die spannendste berufliche Herausforderung meines Lebens. Ich wünsche uns gutes Gelingen, gerade deshalb, weil es dafür keine Garantie gibt. Aber wir schaffen das.