Mit dem „Nebelschützer Appell“ rufen jetzt Anhänger eines „sorbischen Parlaments“ mit dem Argument zur Wahlbeteiligung auf, man schaffe damit eine Körperschaft des öffentlichen Rechts und mache sich unabhängig von einem künftigen, für Sorben möglicherweise ungünstigen Ausgang der Wahlen.
Eine „Körperschaft des öffentlichen Rechts“ (K.d.ö.R.) https://de.wikipedia.org/wiki/K%C3%B6rperschaft_des_%C3%B6ffentlichen_Rechts_(Deutschland)
wird vom Staat verliehen. Sie muss also ausgehandelt werden, was mit Sicherheit in weniger als zehn Monaten zwischen der Wahl des von seinen Protagonisten als „serbski sejm“ genannten Gremiums und den Landtagswahlen NICHT geschehen wird.
Es gibt auch in der Domowina Diskussionen, ob es sinnvoll wäre, wieder den Status einer K. d. ö. R. einzunehmen, den der Dachverband der sorbischen Vereine und Verbände schon mal innehatte. Damals setzte sich die Auffassung durch, dass eine staatsferne, unabhängige NGO besser als von staatlichen Hoheitsakten unabhängiger Verein existiert. Macht ist ja nicht von der Rechtsform abhängig, was man am Einfluss des ADAC, eines Vereins (!), sieht.
Zum „Erhalt des sorbischen Volkes“ tragen vor allem das Sorbischsprechen in der Familie und die Weitergabe der Sprache an die Kinder bei – da haben manche Unterzeichner des Appells Nachholbedarf. „Für eine gemeinsame Stimme aller Sorben“ trägt der Aufbau einer politischen Parallelstruktur objektiv nicht bei; dass sowas die Interessenvertretung schwächt, lässt sich bei anderen autochthonen Bevölkerungen in Europa besichtigen. Für eine Zusammenarbeit „ohne Streit“ haben die Unterzeichner Benedikt Dyrlich als Ex-Chefredakteur der „Sorbischen Zeitung“, und Marko Suchy, Ex-Stiftungsdirektor, ein jahrelanges praktisches Gegenbeispiel geliefert (Stichwort: Vorwurf der Gefährdung der Pressefreiheit durch die Stiftung bzw. falscher Berichterstattung). Soviel – mehr anekdotisch und ohne Vollständigkeitsanspruch – Anmerkungen zu den im Appell beschworenen Zielen.
Nun hat die Domowina sogar die Nazi-Zeit im Untergrund überlebt und als erste offiziell zugelassene gesellschaftliche Organisation nach dem Zweiten Weltkrieg wieder das Licht der Welt erblickt. Sie wird also auch die AfD überstehen, zu der das Präsidium der Domowina schon vor Jahr und Tag Unvereinbarkeit festgestellt hat.
Dass die „Sejm“-Bewegung aber ausgerechnet jetzt die Domowina ungeachtet ihrer antifaschistischen Vergangenheit zum reinen „Kulturverein“ herabstufen will, finde ich befremdlich.