Was verbindet Hamburgs Abriss und Aufbau des „Deutschlandhauses“, aus Sicht des Denkmalschutzes ein saloppes Sakrileg
https://www.zeit.de/2018/20/deutschlandhaus-gaensemarkt-neubauplaene-denkmalschutz-hamburg,
mit der „heiligen Gegenwart“ im Lebensgefühl des vor über tausend Jahren geraubten Sorbenmädchens Sudička, https://www.salomo-publishing.de/dieter-kalka-sudicka/, über die der Autor so anrührend schreibt, als wäre es gerade passiert?
So wie die Waldslawen kein Interesse an Vergangenheit und Zukunft hatten – die eine war zu mythischen Erzählungen geronnen, die andere wurde den Orakeln überlassen –, baut der Hanseat Neues, statt Altes zu konservieren. Auch die Waldslawen ersetzen verlotterte Hütten durch neue. Vergangene Generationen leben nicht in starren Holzplanken oder kalten Steinen fort, sondern in den lebendigen Regungen der Heutigen, die nicht wären, ohne die Existenz der Früheren.
99 Prozent der Menschheitsgeschichte sind geschichtsloses Sammler- und Jägerwesen, ein paar Zeichen und Spuren alles, was uns die überwältigende Mehrheit der Menschheits-Generationen hinterlassen hat. Vor zehntausend Jahren schlugen die ersten Menschen einen anderen Entwicklungspfad ein, die Slawen bewahrten sich ihre Wald-Seligkeit länger als die Franken, „der Westen“. Heute sind noch ein paar Buschleute und andere abgelegene Häuflein in den warmen Gefilden der Erde in der wirklich „guten alten Zeit“ verblieben, inzwischen streng geschützt, damit ihre archaische Kultur vielleicht noch in einigen Generationen den Milliarden Gefangenen der Geschichte präsent ist.
Wir machen einen Riesenaufwand um die zehn Prozent sorbischer Geschichte, die reich dokumentiert sind, und erklären jeden zum Verräter, der die Helden des 19. Jahrhunderts nicht im Schlaf einschließlich ihrer wichtigsten Werke herunterbeten kann. Zugleich schütten wir die Archive mit zeitgenössischem Material zu, das bitte auch jeder wissen möge, der auf der Höhe der Zeit zu sein vorgibt.
Entspannt euch! Bevor das slawische Leben durch Waffen, Kriege, Könige, christliches Dogma und das Diktat der Pfarrer und Lehrer seiner herrschaftsfreien Lust am Dasein entrissen wurde, war die Lausitz auch schon lange menschlich. Ohne die Anmaßung eines Kalenders voller Jubiläen, Ehrungen und sonstiger kollektiver Zwangsveranstaltungen, die sich im Vakuum breitmachen, das die Verdrängung und Verflüchtigung des wohl wahren Lebens hinterlassen hat. Das von Bären bedroht war und am Ende des Winters auf der Kippe stand.
Selig sind meine Syrer, die selbst ihre Geburtstage nicht wahrhaben, weil ihr Leben keine vorprogrammierten Termine braucht. Sie erinnern uns daran, dass auch die Wald- und Wasserslawen aus Sudičkas Zeit von der Tretmühle, wie wir sie kennen, weit entfernt waren. Dass in jenem Buch Ahmad, ein Araber, eine wichtige Brückenfunktion spielt, lässt damaliges und heutiges spielerisch vermischen.
Gewidmet sei dieser Post unzähligen unbekannten Sorbinnen und Sorben, deren literarisch unverarbeiteter Beischlaf ungeschriebene Genealogien hinterließ, ehe die kurze „Geschichte“-Epoche hereinbrach, von der wir uns gerade im Dschungel des globalen Wechselwirkungs-Dickichts mit unerfassbaren Datenfluten (die größten Archive der Welt haben gerade vor Twitter kapituliert) Schritt für Schritt verabschieden. Ins hanseatisch-slawische Hier und Jetzt. Und mit mehr Komfort als vor tausend Jahren. Sudička – freue dich!