Die Freunde eines sorbischen Parlaments wollen also nächste Woche in Schleife die Vorbereitungen auf die Wahl eines „Vorparlaments“ vorstellen, dazu noch einen Sieben-Punkte-Plan für Autonomie der Sorben in Kultur und Bildungsfragen.
Mal ganz davon abgesehen, dass nicht nur in Katalonien, sondern auch im Sorbenland die Auffassungen über die richtigen Formen sorbischer Selbst und Mitbestimmung weit auseinandergehen, gibt es nicht nur einen Haken an der Sache, sondern gleich drei.
Für die Durchführung der Vorwahlen wollen die „Sejm“-Bewegten eine Menge Geld von der Stiftung für das sorbische Volk haben, die Mittel für Sprach- und Kulturförderung zur Verfügung stellt. Dazu gehören zum Beispiel gerade Online-Lernprogramme für Sorbisch. Das Geld für die „Vorwahlen“ würde also irgendwo dem Sorbischen fehlen.
Außerdem hätten die „Sejmik“-Leute gerne, dass der sorbische Dachverband Domowina ihnen bei der Organisation der Wahlen zum Vorparlament organisatorisch behilflich ist, obwohl die Domowina bisher aus vielen guten Gründen die ständig wechselnden Modelle der „Sejmik“-Initiative – mal Samen, mal Ungarn, mal Belgien – abgelehnt hat.
Schließlich wird nun so getan, als stünde hinter dem „Vorparlament“ ganz selbstverständlich so etwas wie der „Wille des sorbischen Volkes“. Es haben aber in den vergangenen Monaten keine Serien von Diskussionsabenden in Kneipen, bei Kulturveranstaltungen und was weiß ich wo über das Thema „sorbisches Parlament“ stattgefunden. Insofern stellt sich die Frage der demokratischen Legitimation.
Kulturelle Autonomie haben wir faktisch schon. Ich kann mich an kein sorbisches Kulturprojekt erinnern, dessen Förderung wir im Präsidium der Domowina nicht zugestimmt haben. Es gibt kein Ensemble, keine Gruppe, deren kulturelle Aktivität an fehlender Unterstützung durch die Stiftung gescheitert ist.
Bildungs-Autonomie könnten wir mit der Gründung eines freien sorbischen Schulwesens haben, wenn wir diesen Weg wollten. Es gibt im Übrigen kein, auch noch so umstrittenes, Bildungsmodell an (staatlichen) sorbischen (und anderen) Schulen, das nicht ohne aktives Mittun von sorbischer Seite umgesetzt worden wäre. Insofern liegt das Potenzial für nötige Änderungen schon jetzt in den eigenen Reihen.
Natürlich wünschte ich mir, dass die Sorben im Stiftungsrat die Mehrheit haben. Es gibt aber keinen nennenswerten Fall, in dem die sorbischen Stiftungsvertreter von den anderen überstimmt worden sind, wenn sie sich einig waren. Natürlich hätte ich gerne im sorbischen Dachverband das Prinzip der Urwahlen, nicht zuletzt des Vorsitzenden. Er wollte das auch. Aber das Gros der sorbischen Vereine hat sich anders entschieden. Auch das ist Demokratie.
Fazit: Was da jetzt vorgestellt wird, dürfte zumindest noch viel Diskussionsstoff liefern.