Christoph Leonhardt gehört einer Organisation an, der ich in meinem vorvorvorletzten Lebensabschnitt auch mal zugehörig war, der Schüler-Union. Das war im Hamburg jener Jahre unter der Staatspartei SPD Ausdruck von Nonkonformismus 😉.
Wir hatten auch einige dieser glattgegelten Popper-Typen, wie sie damals genannt wurden. Aber dass jemand, und dann noch einer in führender Position, sich öffentlich für die Abschiebung eines Mitschülers eingesetzt hätte – also da fehlt mir die schmutzige Phantasie, mir einen der damaligen Mitstreiter in dieser Rolle vorzustellen.
Nun ist der Leipziger Leader der heutigen Schülerunionisten scheinbar auch ein Nonkonformist. Sich für einen netten Klassenkameraden einzusetzen, dass er bleiben kann, egal was sich der Gesetzgeber für den Regelfall des Umgangs mit Leuten aus dem Kosovo gedacht hat, ist das menschlich Normale.
Aber der abgebrühte Christoph, der dem mitfühlenden Benjamin und seiner Petition mit einer Pressemitteilung in die Parade fährt, hat ein untrügliches Gespür für den mutmaßlichen Mainstream von morgen: die neue Härte. Ihre Verfechter ticken so: Wenn wir der Neigung zur Güte nachgeben, werden wir perspektivisch überrollt.
Die Güte lebt vom (Gott-)Vertrauen, dass es schon gutgehen werde. Wir haben es doch jahrzehntelang geschafft – Hamburg ist immer noch eine tolle Stadt. Nun haben wir eine Wendezeit des Vormarsches von Misstrauen. Da vertraut selbst ein Schüler eher der beruhigenden Bürokratie als einem gefährlichen Gefühl.
Ich bin Antinostalgiker, die Vergangenheit ist nie Blaupause für die Gegenwart. Und Moralist bin ich schon gleich gar nicht. Einen solchen Mitschüler wünsche ich aber niemandem, und wenn diese Gnadenlosigkeit zur Leitkultur würde, dann gnade uns Gott.