Der Vater des bis heute allgemein anerkannten sächsischen Kulturraumgesetzes, Matthias Theodor Vogt, hat unlängst in Berlin seine Studie „Migranten-Enkulturation und regionale Resilienz in der Einen Welt“ vorgestellt. Darin befasst sich der Chef des in Görlitz ansässigen Instituts für kulturelle Infrastruktur Sachsen mit Abhilfe des Umstandes, „dass einem wichtigen Teil der deutschen Aufnahmegesellschaft, zumal der sächsischen, eine aus freien Stücken erfolgende Willkommenskultur derzeit innerlich nicht möglich ist.“
Seine fünf Handlungsvorschläge, die Quintessenz der Studie: Erstens „Innovation und Integration“, eine von den Bürgern selbst und dezentral auf der gesamten Landesfläche getragene Landesausstellung. Ausgangspunkt ist, dass alle Sachsen historisch Immigranten sind und landestypische, sich selbst zugeschriebene Eigenschaften wie „fischelant“ Ergebnis von früheren Integrationsbemühungen sind. Also Bewusstwerden von Migration als Fundament sächsischer Erfolgsgeschichte.
Dafür bedarf es einer Kulturpolitik im weitesten Sinne der „Binnen-Integration“. Es müsse eben auch überall in der tiefsten Provinz zum Beispiel ein gutes Orchester geben. Die europaweiten „Tendenzen, die Infrastruktur flächendeckend veröden zu lassen“, führen sonst zur gesellschaftlichen Implosion, die sich politisch von Usedom bis Ungarn im Triumphzug der Rechtspopulisten beobachten lasse.
Zweitens ein Bundesfreiwilligendienst Integration für Neuankommende durch Mitwirkung an gemeinnützigen Aufgaben statt der derzeitigen Praxis verordneter Kurse. Drittens eine Rückkehr zum Staatsangehörigkeitsrecht vor seiner Deformation durch die Nazis 1934.
Vorher war man unmittelbar Staatsbürger der Länder und nur mittelbar des Reiches. Damit hätten wir also auch wieder eine sächsische Staatsbürgerschaft. Einbürgerung, aber auch die Integration der schon Einheimischen, gelinge nicht in ein Abstraktum, sondern in eine konkret fassbare regionale Umgebung. Verfassungspatriotismus allein reiche nicht, weil er eine hochgradige Abstraktionskompetenz voraussetze, die nicht jedem gegeben sei.
Viertens die Gewinnung von interkultureller Öffnung und eines nichttechnokratischen ganzheitlichen Zugangs zu Integrationsfragen. Fünftens internationale Solidarität, einmal durch Erhöhung der Entwicklungshilfe auf das von Deutschland schon 1970 zugesagte und nie eingehaltene Niveau.
Dazu eine „Eine-Welt-Universität“, deren wirtschaftswissenschaftliche Fakultät „die spezifischen Bedingungen zivilgesellschaftlicher Betriebs- und Volkswirtschaft in den Ländern des Globalen Südens untersuchen“ solle, denn die hierzulande gültigen Modelle ließen sich nicht übertragen. Gleichwohl sei gerade das „Fehlen von Zivilgesellschaft“ einer der „Push-Faktoren“ der Migration.
Das Finale der Erkenntnis in der Vogt- Präsentation: „Die Flüchtlinge des Jahres 2015/16 haben uns auf wichtige Probleme im Inneren Deutschlands und Europas aufmerksam gemacht. Dafür sollten wir ihnen dankbar sein und sie als Menschen ganzheitlich aufnehmen (…) Wer sich von Ängsten leiten lässt, riskiert seine Zukunft. Daher ist der Schlusssatz unserer Studie ein Wort aus der Osternacht: Sursum corda, empor die Herzen!“