Ein von mir geschätzter gebürtiger Görlitzer Autor und bekannter Kolumnist der „Sächsischen Zeitung“ schrieb neulich, es gebe in Sachsen die „Religion Region“, und das gehöre zum derzeitigen gesellschaftlichen Hauptproblem dazu. Das sehe ich anders.

Historisch betrachtet sind die patriarchalisch strukturierten monotheistischen Religionen Kriegstreiber Nummer eins. Mit Vorliebe in der Neuzeit in Kombination mit der Religion Nation. Die über Region, Dialekt, Regionalsprache definierte „Heimat“ ist dagegen, wie ein früherer Chef von mir, von Beruf Dialektologe und Soziolinguist, auf der Basis der Empirie feststellte, nicht nur ungefährlich. Sie ist den Nationalisten verdächtig, weil kleinteilig.

So wurden die Regionalisten und Liebhaber der Dialekte von den Nazis verfolgt. Sie sind daher auch heute nicht das Einfallstor eines Rechtsrutsches. Umgekehrt wird ein Schuh draus: Die Ignoranz gegenüber dem Regionalen, ja Lokalen kann zur falschen Identifikation mit dem aufgeblasenen Nationalen verführen.

Unser gesellschaftliches Schlüsselprojekt „sorbische regionale Identität der Hoyerswerdaer Gegend“ produziert zugleich Verwurzelung wie Offenheit. So heißt der Förderverein „Begegnungsstätte Zejler-Smoler-Haus“ Lohsa, ein Mitglieds-Verein der Domowina, mit einer fünfsprachigen Tafel deutsch-sorbisch-tschechisch-polnisch-englisch willkommen.

Freitagabend durfte ich vor dem Haus die neue „sorbische Liebesbank“ aus Eichenholz des Künstlers Alojs Šołta aus Säuritz mit enthüllen. Zwei Bilder vom Ereignis habe ich in der Facebook-Gruppe „Alle Hoyerswerdschen Mädels und Jungs“ veröffentlicht. In der ersten Etage des Hauses gibt es eine Sonderausstellung „Phantasien in Holz“ des Künstlers, bei dessen Schaffen der menschliche Körper im Mittelpunkt steht.

Bei der offiziellen Veranstaltungseröffnung wurde in der Einführungsrede mehr sorbisch als deutsch gesprochen, obwohl das zurzeit hier kaum jemand versteht. Doch das ist in Lohsa gute Tradition des Vereins: aus Respekt vor der Region. Wutrobny dźak Wam a dale wjele wuspěcha.

In diesem Sinne: Viel Spaß mit sinnlichen Körpern in einer friedlichen Region der Kooperation voller Liebesbänke 😊. Vielleicht ist das tatsächlich die säkulare „Religion“ der meisten Hoyerswerdschen. Gemeinsam mit allen anderen aufgeklärt Religiösen.

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