Rechtzeitig zum Jahreswechsel kam wieder Wein aus Würzburg – von einem meiner ehemaligen Mitbrüder aus der gemeinsamen Zeit in der Kongregation der Missionare von Mariannhill. Guter Wein ist für mich das Herzstück der christlich-abendländischen Kultur, so wie ich sie erlernt habe 😊. Dazu gehört die Konzentration auf Höhepunkte, das heißt ich trinke ihn fast ausschließlich abends am Wochenende sowie an Sonn- und Feiertagen.
Den ersten Alkohol meines Lebens trank ich als 20-jähriger Novize im Missionshaus St. Josef in Reimlingen am Rande des im schwäbischen Teil Bayerns gelegenen Nördlinger Rieses. Nach dem Abendessen in einem Rekreation genannten Raum, wo man noch beisammensaß und redete. Und des öfteren dazu etwas trank, bevorzugt eben den Wein.
Manchmal wurden mir hinterher auf dem Weg ins Zimmer die Beine schwer – und der Kopf sowieso. Schlecht war mir nie, und im klassischen Sinne betrunken war auch nie jemand. Gute Stimmung war immer, und – im Wein liegt die Wahrheit, weil er die verklemmte Zunge löst – es kam praktisch jeder mit jedem irgendwann mal ins Gespräch, egal wie groß der Alters- und Mentalitätsunterschied war. Der Wein beflügelt kommunikative Grenzüberschreitungen und macht damit das zwischenmenschliche Leben spannender 😊.
Meinen – ganz oder überwiegend alkoholabstinenten – muslimischen Freunden sage ich es bei einer gemeinsamen Tasse Tee gerne so: Im Mittelpunkt unserer Religion steht der kultivierte Rausch, die gesellige Ekstase. Beim letzten Abendmahl, gewissermaßen dem biblischen Gründungsakt des Christentums, wurde Wein getrunken. Und der Wein steht bis heute als Zeichen für das Blut des Mensch gewordenen Gottessohnes im Mittelpunkt der Liturgie. Das hat die ganze Gesellschaft geprägt, auch die ohne bewussten religiösen Bezug.
Ich trinke gerne zusammen mit anderen Leuten Tee. Aber wenn ein solches Ereignis gelentlich unter der Bezeichnung „Fest“ läuft, dann stelle ich trocken fest: Ein Fest ist für mich was anderes. 😉 Natürlich kann man ohne Wein / Alkohol viel Spaß haben, und mir wurde schon öfter nachgesagt, ich gehörte zu denen, die schön „nüchtern betrunken“ sein könnten. Dennoch möchte ich den Wein nicht missen.
Persönlich bin ich Purist. Sehr selten trinke ich Bier, weil ich davon einen dumpfen Kopf kriege. Wodka, Obstler und so meide ich weitgehend, weil ich einen empfindlichen Magen habe. Von Schnaps halte ich sowieso nichts: Er führt in größerer Menge nach meinen Erfahrungen mit Schnaps Konsumierenden ins Vergessen – sie wissen dann hinterher nicht mehr, was eigentlich los war. Sowas ist für mich vertane Lebenszeit.
Shisha-Rauchen macht zwar etwas high (allerdings nicht genug, um Lust auf ein kleines „Spiel mit den Feuer“ zu kriegen 😉), aber um den Preis eines infernalischen Nebels (weshalb es bei mir zu Hause nur unter freiem Himmel stattfindet), der viele interessante potenzielle Mitfeiernde vertreibt. Im übrigen verkürzt es das Leben und untergräbt die Gesundheit, während der Wein schon im Mittelalter in Würzburger Altersheimen als tägliches Therapeutikum in der Satzung verankert war.
Es kann sich jeder berauschen, wie er will. Ich fand allerdings meine bisherigen Begegnungen mit Bekifften mit großen Pupillen nicht so an- und aufregend. Wahrscheinlich liegt es daran, dass mein jugendlicher Kiff-Versuch in Würzburg an Wirkungslosigkeit scheiterte und ich in diese Sphäre einfach bewusstseinsmäßig nicht reinkomme. Das aber ist ihr Nachteil gegenüber Wein: Da tut es der Kommunikation keinen Abbruch, wenn nur einer trinkt und der andere nicht.