„Gender“ ist ja das Haupt-Hassobjekt der Rechten, also die Lehre von der kulturellen Konstruiertheit des Geschlechtlichen. In Programmatik und Publizistik der A-Partei, die ich mir bisher zu lesen angetan habe, wurde #Gender noch mehr SchĂ€rfe und HĂ€rte zuteil als dem #Refugees -Thema. Doch unbeschadet scheinbarer Deutungshoheit ĂŒber den Stammtischen drĂ€ngt der Alltag die A-Partei-Agitation ins Abseits. Hier der ultimative Praxisbeweis đ:
Als Mann im Prostata-Alter, womit man sich schon im Zentrum des Zielgruppen-Visiers dieser Organisation befindet, zĂ€hlt man ja das öffentliche Pissoir zu den systemrelevanten Faktoren der sozialen Infrastruktur. Also nimmt man dort auch Trends wahr, die von wesentlichen Wandlungen des Menschengeschlechts kĂŒnden, sich aber wie immer in solchen FĂ€llen zunĂ€chst abseits des öffentlichen Bewusstseins abspielen. Jedenfalls sind zu dem, was sich dort vollzieht, keine medialen Abhandlungen zu vernehmen.
Urinierten die Herren noch vor einigen Jahrzehnten in Reih und Glied in eine gemeinsame Rinne (kann man in einer GaststĂ€tte in Cottbus-Gallinchen noch als aktives Denkmal benutzen), hielten dann die separaten Urinale Einzug. In alten KulturhĂ€usern noch dicht aneinandergereiht, was von den GĂ€sten mittlerweile als unangenehm bzw. kritikwĂŒrdig empfunden wird, stehen sie inzwischen zumeist in gebĂŒhrendem Abstand. Der bereits erwĂ€hnte, nicht mehr ganz neue Trend besteht nun darin, halbhohe ZwischenwĂ€nde einzuziehen.
Von Marktkauf bis Kornmarktcenter in Bautzen ist das schon Standard, und auch in einem bedeutenden öffentlichen GebĂ€ude am Postplatz wurde ein entsprechender Umbau ins Werk gesetzt. Die A-Partei nimmt all dies protest- und widerstandslos hin, obwohl das soeben Beschriebene fĂŒr nichts weniger steht als das Aussterben des monosexuellen traditionellen Nomal-Mannes đ.
Also des Typs, der das Attribut „schön“ prinzipiell ausschlieĂlich Frauen zuordnete und zum eigenen sowie dem Körper der Mit-MĂ€nner ein Ă€sthetisches Nicht-VerhĂ€ltnis pflegte. FĂŒr ihn war der mĂ€nnliche Körper rein instrumentell definiert, durch BefĂ€higung zu StĂ€rke etwa, weshalb bisweilen Muskeln mit gleichsam autoerotischer Zuneigung bedacht wurden, aber sonst nichts. Mit der Waschbrettbauch- und Sixpack-Bewegung nahm das selbstverliebte Selbstverschönern seinen Lauf, und seit wir mit massenhaften Selfies unseren Instagram-Narzissmus kultivieren, gibt es kein Halten mehr.
Man(n) findet sich selbst und damit auch andere Menschen gleichen Geschlechts schön. Er stellt auch an den mĂ€nnlichen Körper die Frage nach seinem Reiz. Damit sind auch die primĂ€ren Geschlechtsmerkmale nicht mehr ohne weiteres nur etwas , was man unter MĂ€nnern heterosexueller PrĂ€ferenz allenfalls mit beilĂ€ufiger NeutralitĂ€t zur Kenntnis nimmt. Oder doch, denn es gibt auch hier und da auf Restaurant-Aborten neue chice „Rinnen“ im alten Stil. đ
Nichts Genaues weiĂ man also doch nicht. Aber dass der Alltag der Geschlechter auch in elementaren Dingen nicht rein biologisch determiniert ist, sondern dem kulturellen Wandel unterliegt, ist offensichtlich. Oder dem Kulturkampf: Vor einem halben Jahrhundert wurden im Verantwortungsbereich des seinerzeitigen Hamburger Innensenators Helmut Schmidt pinkelnde MĂ€nner an einschlĂ€gigem Ărtchen ĂŒberwacht, um herauszufinden, ob sie sich nicht nur zum Wasserlassen zusammengefunden haben…